Jochen Pimpertz: "Ein Kuhhandel Rente gegen Pflege wäre fatal"
Fest steht: Die Beiträge zur Pflegeversicherung werden steigen. Unklar ist jedoch, welches Finanzierungsmodell mit der anstehenden Reform kommt. Im Interview erklärt Jochen Pimpertz vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln, die aktuelle Situation. Interview: Karin Birk
DHZ: Herr Pimpertz, wie lange reicht das Geld in der gesetzlichen Pflegeversicherung?
Pimpertz: Ich denke, dass es beim jetzigen Leistungsrecht bis zum Jahr 2014 reichen wird. Dies hat zumindest die Bundesregierung im Jahr 2008 versichert, als sie den Beitragssatz zur gesetzlichen Pflegeversicherung von 1,7 auf 1,95 Prozent erhöht hat.
DHZ: Wie viel gibt die Pflegeversicherung derzeit aus?
Pimpertz: Im Jahr 2010 bekamen in der gesetzlichen Versicherung 2,3 Millionen Pflegebedürftige Leistungen in Höhe von 21,5 Milliarden Euro. Wegen der alternden Gesellschaft dürften diese Zahlen in den nächsten Jahren deutlich in die Höhe schnellen. Im Jahr 2030 könnten es laut Statistischem Bundesamt schon zwischen 3,0 und 3,4 Millionen Euro sein und 2050 zwischen 3,8 und 4,5 Millionen Euro. Gleichzeitig sinkt die Zahl derer, die im erwerbsfähigen Alter sind und die Hauptfinanzierungslast tragen.
DHZ: Gesundheitsminister Daniel Bahr will noch im September ein Eckpunkte-Papier zur Pflegereform vorstellen. Dabei will er auch die Leistungen erweitern. Ist das überhaupt zu finanzieren?
Pimpertz: Die Finanzierung wird in jedem Fall schwierig. Fest steht schon jetzt, dass 2012 die Sätze für die ambulante Pflege leicht erhöht werden. Ab 2015 sollen die Leistungen dann an die Preissteigerungen angepasst werden. Aktuell wird zudem überlegt, wie zukünftig auch Demenzkranke versorgt werden können. Wenn die Beiträge nicht erheblich steigen sollen, wird das ohne Kürzungen an anderer Stelle nicht gehen. Manch einer fordert deshalb schon Karenzzeiten oder Kürzungen in der Pflegestufe I.