Zusammenfassung

Begriff

Behindertenhilfe erhalten Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen der Behindertenhilfe zur Abgeltung der Aufwendungen. Es besteht ein Anspruch auf 10 % des vereinbarten Heimentgelts, max. 256 EUR monatlich.

Neben der Behindertenhilfe besteht für die Pflege zu Hause, z. B. am Wochenende oder in den Ferien, ein Anspruch auf Pflegegeld und/oder Pflegesachleistung.

Gesetze, Vorschriften und Entscheidungen

Die gesetzliche Grundlage für die Behindertenhilfe ist § 43a SGB XI. Weitere Regelungen ergeben sich aus dem Gemeinsamen Rundschreiben der Sozialversicherungsträger (GR v. 15.7.2008).

Leistungsinhalt und -voraussetzungen

Für Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen der Behindertenhilfe (Behindertenwohnheimen) gilt eine Sonderregelung hinsichtlich der Leistungen aus der Pflegeversicherung.

Bei diesen Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen handelt es sich um Pflegeheime, in denen

• die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft,
• die schulische Ausbildung oder
• die Erziehung der Behinderten

im Vordergrund des Einrichtungszwecks stehen. Diese Einrichtungen sind also keine vollstationären Pflegeeinrichtungen im Sinne der Pflegeversicherung (§ 71 Abs. 4 SGB XI).

Deshalb haben die Pflegebedürftige zur Abgeltung der Aufwendungen der vollstationären Pflege Anspruch auf 10 % des vereinbarten Heimentgelts, maximal 256 EUR monatlich (§ 43a Sätze 1 und 2 SGB XI).

Voraussetzung

Voraussetzung für die Behindertenhilfe ist lediglich die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Pflegestufe I vorliegen. Eine weitere Differenzierung ist nicht erforderlich.

Die Behindertenhilfe wird von der Pflegekasse mit befreiender Wirkung an die Einrichtung gezahlt. Auf Landesebene können auch Vereinbarungen geschlossen sein, dass die Zahlung direkt an den Träger der Sozialhilfe gezahlt wird.

Berechnung der Zahlbeträge

Mit den Einrichtungen sind tagesgleiche Pflegesätze vereinbart, d. h. die monatlichen Zahlbeträge werden anhand der tatsächlichen Kalendertage des jeweiligen Monats errechnet. Dies würde für die Berechnung der 10 % bedeuten, dass die Behindertenhilfe für jeden Monat neu zu berechnen ist. Deshalb bestehen aus verwaltungsökonomischen Gründen keine Bedenken, ein vereinfachtes Verfahren bei vollen Kalendermonaten auf regionaler Ebene zu vereinbaren. Dabei wird von der jahresdurchschnittlichen Zahl der Kalendertage je Monat (365 Tage : 12 Monate = 30,42 Tage) ausgegangen (GR v. 15.7.2008: Abschn. 1 und 2).

Praxis-Beispiel

Berechnung der Leistungsbeträge

Ein Pflegebedürftiger (Pflegestufe I) wird am 14.7. in ein Behindertenwohnheim aufgenommen. Das tägliche Heimentgelt beträgt 98,64 EUR. Aus verwaltungsökonomischen Gründen wird bei der Berechnung der Leistungsbeträge für volle Kalendermonate ein vereinfachtes Verfahren angewandt.

• Berechnung der Behindertenhilfe für Juli

14.7. - 31.7. = 18 Tage
98,64 EUR x 18 Tage = 1.775,52 EUR x 10 % = 177,55 EUR < 256 EUR

• Berechnung der Behindertenhilfe für August und die folgenden Monate

98,64 EUR x 30,42 Tage = 3.000,63 EUR x 10 % = 300,06 EUR > 256 EUR

Die Pflegebedürftige hat Anspruch auf Behindertenhilfe im Juli in Höhe von 177,55 EUR und ab August in Höhe von 256 EUR.

Die Grundsätze für die Berechnung und Zahlungsweise der Leistungsbeträge für die vollstationäre Pflege (§ 43 SGB XI) gelten ebenfalls für die Behindertenhilfe bei

• Einzug,
• Auszug,
• Tod des Pflegebedürftigen,
• Abwesenheitszeiten und
• Wechsel der vollstationären Einrichtung.

Kombination mit Pflegesachleistung und/oder Pflegegeldleistung

Pflegebedürftigen in vollstationären Einrichtungen der Behindertenhilfe kann für die Zeit der Pflege im häuslichen Bereich, z. B. an Wochenenden oder in den Ferien, die Pflegesachleistung für die tatsächlichen Pflegetage in der Familie zur Verfügung gestellt werden (§ 36 SGB XI).
Der Betrag der Behindertenhilfe wird auf den Sachleistungshöchstanspruch der jeweiligen Pflegestufe angerechnet (GR v. 15.7.2008: Abschn. 3.1 Abs. 1).

Praxis-Beispiel

Behindertenhilfe und Pflegesachleistung

Ein Pflegebedürftiger (Pflegestufe I) ist im August jeweils von Freitagabend bis Sonntagabend und in den Ferien vom 9.8. - 13.8. insgesamt 17 Tage zu Hause. Die Behindertenhilfe beträgt für den Monat August 180 EUR.

Pflegebedürftige kann Pflegesachleistungen in Höhe von 260 EUR (440 EUR - 180 EUR) in Anspruch nehmen.
Pflegebedürftige können statt der Pflegesachleistung für die Zeit zu Hause auch die Pflegegeldleistung in Anspruch nehmen. Dabei zählen der An- und Abreisetag (z. B. häusliche Pflege ab Freitagabend) als volle Tage (GR v. 15.7.2008: Abschn. 3.1 Abs. 2).

Berechnung des anteiligen Pflegegelds:

(Pflegegeld der festgestellten Pflegestufe : 30) x tatsächliche Tage zu Hause

Achtung

Höchstbetrag der Pflegeleistungen

Das anteilige Pflegegeld darf zusammen mit der Behindertenhilfe den für die jeweilige Pflegestufe festgelegten Sachleistungshöchstanspruch nicht übersteigen.

Praxis-Beispiel

Behindertenhilfe und Pflegegeld

Ein Pflegebedürftiger (Pflegestufe I) ist im August jeweils von Freitagabend bis Sonntagabend und in den Ferien vom 16.8. - 27.8. insgesamt 19 Tage zu Hause. Die Behindertenhilfe beträgt für den Monat August 256 EUR.

• Berechnung anteiliges Pflegegeld

225 EUR : 30 x 19 Tage = 142,50 EUR

• Pflegeleistungen insgesamt

142,50 EUR + 256 EUR = 398,50 EUR

• Vergleich mit Sachleistungshöchstbetrag

398,50 EUR < 440 EUR

Der Pflegebedürftige erhält für August ein anteiliges Pflegegeld in Höhe von 142,50 EUR.

Kombination mit Ersatzpflege oder Kurzzeitpflege

Pflegebedürftige von Behindertenwohnheimen, die an Wochenenden oder in den Ferien im häuslichen Bereich gepflegt werden, haben bei Verhinderung der Pflegeperson, z. B. wegen Urlaub oder Krankheit auch Anspruch auf Ersatzpflege (§ 39 SGB XI) oder Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) (GR v. 15.7.2008: Abschn. 3.2).

Achtung

Unterbringung in derselben Einrichtung

Es besteht kein Anspruch auf Ersatzpflege/Kurzzeitpflege, wenn die Unterbringung in derselben vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe erfolgt. Die entstehenden Aufwendungen sind mit der Behindertenhilfe abgegolten.

Gruß aus Magdeburg
Bernd