Erst im Rollstuhl leben gelernt Das Leben mit Multipler Sklerose hat Jürgen Erk aus Radolfzell nicht verzweifeln lassen. Im Gegenteil.
Ein Paradies ist die Welt für Jürgen Erk sicher nicht. Mit 35 Jahren ist er an Multipler Sklerose (MS) erkrankt, seit 22 Jahren sitzt der heute 65-Jährige im Rollstuhl. Doch der Mann mit dem Cowboyhut als Markenzeichen gilt als Frohnatur im Freundeskreis „Menschen helfen Menschen“ und macht mit seiner Zuversicht anderen Mut. Er spricht offen über den Alltag mit seiner Behinderung und darüber, dass die Krankheit für ihn auch gute Seiten hat.
Ein Apartment im Betreuten Wohnen der AWO im Gebiet Neuer Wall. Barrierefrei. Blitzblank, denn die Zugehfrau war gerade da. Über dem Schreibtisch hängen viele Fotos: Sohn, Enkel, Bekannte und Jürgen Erk bei Ausflügen mit „Menschen helfen Menschen“. In der Küche liegen schon die Zutaten für das Mittagessen bereit. „Ich koche selbst und jeden Tag. Ich mach das gerne“, unterstreicht er. Er hat sich bewusst dafür entschieden, selbstständig allein zu leben. Seine Frau hat ihn schon vor Jahren verlassen. Vor zwei Jahren hatte er das verlockende Angebot ausgeschlagen, zu seinem Sohn nach Saarbrücken in eine Einliegerwohnung zu ziehen. „Zum Glück!“, sagt er, denn das Haus war gemietet und der Eigentümer kam kurz danach aus dem Ausland zurück. „Ich habe hier alles, was ich brauche“, sagt der gebürtige Rostocker, der seit elf Jahren in Radolfzell lebt. Seit zwei Jahren benötigt er auch Hilfe beim Duschen und Anziehen. Die Krankheit mit Entzündungsherden in den Nervenbahnen nahm bei ihm zunächst einen schleichenden Verlauf. Erst waren die Augen betroffen und er zog den Fuß nach.