Der unsichtbare Patient Die häusliche Pflege von Demenzkranken belastet zunehmend auch die Gesundheit der Pflegenden. Viele Angehörige reiben sich lieber auf, als Hilfsangebote zu nutzen. Von Martina Lenzen-Schulte
Der Schriftsteller Arno Geiger hat mit dem Buch über seinen demenzkranken Vater viel Lob geerntet. Er und seine Familie stellen indes rein statistisch die Ausnahme dar. Denn so abgeklärt wie Geiger ziehen Kinder oder Ehepartner nur in seltenen Fällen Gewinn aus der Betreuung und Pflege ihrer demenzkranken Angehörigen. Für die allermeisten bedeutet es sogar ein hohes Risiko, selbst ernsthaft körperlich und psychisch zu erkranken. Weil immer häufiger Einweisungen in Pflegeheime drohen, wenn die häusliche Pflege wegen der Überforderung der Angehörigen wegbricht, machen sich inzwischen nicht nur Mediziner Sorgen um die wachsende Zahl von neuen Patienten aus der nächsten Umgebung der Demenzkranken. Die Gefährdung der Pflegenden gerät zunehmend auch in den Fokus der Politik, weil erstens diese Gruppe die Hauptlast der Betreuung schultert und weil zweitens Demenzen ständig und rapide zunehmen. Ein zunehmender Wegfall der unentgeltlichen häuslichen Pflege, das kann man jetzt schon hochrechnen, bedroht das Pflegesystem angesichts der sonst nicht zu bewältigenden Masse an Demenzkranken.