Alzheimer
Was wünscht man sich nicht alles für die Zeit des Ruhestandes, Reisen, Studieren, Zeit für Enkel? Und wir werden auch immer älter – aber da schwebt ein Damokles-Schwert über uns allen: Alzheimer. Kann man irgendetwas tun, um das Risiko zu senken? In Rostock gibt es einen Professor, dem der Ruf des Alzheimer-Jägers vorauseilt. Er schwört auf einen speziellen Tee, für dessen Wirksamkeit es bereits erste Beweise gibt.

Von Generation zu Generation steigt die Lebenserwartung – und damit auch das Risiko an Alzheimer zu erkranken. Rein statistisch gesehen trifft es mit neunzig Jahren jeden Dritten. Zwar hat man inzwischen ein Bild von den Prozessen, die im Gehirn ablaufen: Proteinklumpen namens Amyloidplaques und Tau-Fibrillen zerstören die Nervenzellen. Aber die Diagnosetechnik ist immer noch unzureichend, meistens wird die Krankheit erst entdeckt, wenn sie schon weit fortgeschritten ist. Die Plaques blockieren die Nervenleitungen und lassen Menschen in totales Vergessen sinken. Plaques sind aber inzwischen nur für 30 Prozent der verminderten Gedächtnisleistung verantwortlich.

Logischerweise will sich jeder vor Alzheimer schützen. Aber geht das? Einige Wahrheiten geben Hoffnung, Alzheimer besser in den Griff zu bekommen: Nachgewiesen ist ein Zusammenhang zwischen einem erhöhten Blutdruck und Alzheimer. So haben Menschen mit unbehandeltem Hochdruck ein bis zu viermal erhöhtes Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Eine Therapie des Bluthochdrucks gilt deshalb als wirksamer Schutz vor Alzheimer. Auch beim Blutzucker weist die Datenlage darauf hin, dass ein gut eingestellter Zuckerspiegel das Alzheimer-Risiko senken kann.

Akademiker, Philosophen, Lehrer, Schriftsteller – eben alle Kopfarbeiter – seien vor der großen Vergesslichkeit geschützt, lautet eine der Alzheimer-Legenden. Wer sein Gedächtnis trainiert, bleibt von der Vergesslichkeit verschont – schön wär’s! Eines stimmt allerdings: Menschen mit einer hohen Bildung erkranken später an Alzheimer, als diejenigen, die weniger gebildet sind. Tatsächlich schützen kann hohe Bildung vermutlich nicht wirklich.

Eine weitere Legende: Glutamat – der Geschmacksverstärker, der vor allem in asiatischen Gerichten vorkommt – soll Alzheimer begünstigen. Diese Vermutung hat sich bislang durch Studien nicht belegen lassen. Glutamat kann bei manchen Menschen Kopfschmerzen auslösen, nicht aber Alzheimer. Und ein weiterer Irrtum: Das weibliche Geschlechtshormon Östrogen könne Frauen vor Alzheimer bewahren. Wissenschaftler haben stattdessen festgestellt, dass kinderreiche Frauen ein höheres Erkrankungsrisiko haben als Frauen mit nur ein oder zwei Kindern.


Griechisches Eisenkraut verlangsamt möglicherweise Alzheimer-Prozesse


Schon seit vielen hundert Jahren schätzen die Griechen das Eisenkraut
Alzheimer sei keine Krankheit, sondern ein regulärer Alterungsprozess. So sieht es Prof. Jens Pahnke von der Universität Rostock. In seinem Labor sucht er nach Substanzen, die auch ein altes Gehirn fit halten oder wieder auf Trab bringen können. Inzwischen ist Prof. Pahnke fündig geworden: Eine Pflanze liefere Stoffe, die den Alzheimerprozess verlangsamen können, ließ der Wissenschaftler vor einigen Wochen verlautbaren.

Die Rostocker Forscher sind der Alzheimer-Erkrankung dicht auf den Fersen. Sie prüfen ein Medikament, das die krankhaften Protein-Ablagerungen verringern soll. "Wir werden die Krankheit nicht rückgängig machen können", sagt Prof. Pahnke. "Aber wir können den Prozess aufhalten".

Gegenstand des Forschens: das griechische Eisenkraut. Aus dem grünen Gewächs gewinnen die Rostocker Alzheimer-Jäger einen Stoff, der die Plaques-Menge im Gehirn von Mäusen um 80 Prozent reduzieren konnte. Den Mäusen ging es mit dem griechischen Eisenkraut gut. Derzeit läuft mit dem Gewächs eine Phase II-Studie, die bei einer kleinen Versuchsgruppe testet, ob die Pflanze auch beim Menschen wirkt.

Schon seit vielen hundert Jahren schätzen die Griechen ihr Eisenkraut, weil es die Geisteskraft stärken soll. Das griechische Kraut verbessere die Leistungsfähigkeit des Gehirns merklich, betätigt Prof. Pahnke. Allerdings müsse man täglich eine Kanne davon trinken, um eine Wirkung zu erzielen.

Als sie die Pflanze hier genauer unter die Lupe nahmen, ahnten die Wissenschaftler noch nicht, welche Kraft sich in deren Inhaltsstoffen verborgen hält. Eine Testserie mit Mäusen führte sie auf die richtige Spur. "Bei Mäusen entwickelt sich Alzheimer innerhalb von 45 Tagen", erklärt Prof. Pahnke. "Wir gaben den Nagern also reichlich Anti-Alzheimer-Tee und stellten überrascht fest, dass die für Alzheimer typischen Ablagerungen im Gehirn um 80 Prozent zurückgegangen waren". Man werde Alzheimer damit nicht besiegen können, wohl aber deren Prozess aufhalten können, hofft Prof. Pahnke.


Musiktherapie


Musik kann emotionale Fähigkeiten von Alzheimerpatienten fördern
Dass nicht-pharmakologische Therapien bei Alzheimer ähnlich gut helfen wie Medikamente, haben jetzt 22 namhafte Wissenschaftler aus aller Welt in einer Studie nachgewiesen. Ob Musik-, Kunst,- oder Milieutherapie – die persönliche Hinwendung verbessert die Lebensqualität der Patienten und deren Angehörige nachweislich. Ein internationales Expertenteam aus Deutschland, Österreich und der Schweiz untersuchte im Rahmen eines fünfjährigen Projektes alle bisher zur Verfügung stehenden nicht-pharmakologischen Therapien auf ihre Wirksamkeit und wissenschaftliche Evidenz. Dafür durchforsteten die Wissenschaftler 1.313 Studien.

Die therapeutischen Methoden können Kognition, Verhalten, Stimmung, körperliches Wohlbefinden, Alltagsaktivitäten und insgesamt die Lebensqualität verbessern. Auch das Befinden pflegender Angehöriger, die in den Genuss der angesprochenen Therapien kamen, besserte sich. Durch die Interventionen verzögerte sich die Einweisung in ein Heim oder ins Krankenhaus. Sie können entsprechend länger zu Hause im gewohnten Umfeld leben.

In Berlin ist gerade ein Modellprojekt zu Ende gegangen, dass von der Deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft und der Alzheimer Gesellschaft getragen wurde: Drei Jahre besuchten drei Musiktherapeuten Demenz- und Alzheimererkrankte in ihrem häuslichen Umfeld – und musizierten mit ihnen und ihren Angehörigen.

Von April 2007 bis April 2010 fand das Projekt "Haus-Musik, Betreuung mit Musik für Menschen mit Demenz und ihre pflegenden Angehörigen" statt. Es knüpfte an die Erfahrungen eines vorangegangenen Projektes an („Musiktherapie in der häuslichen Versorgung älterer Menschen“). Auch die pflegenden Angehörigen wurden mit einbezogen. Das Projekt arbeitete u. a. mit Ehrenamtlichen, die nun eigenständig Teile der musikalischen Betreuung übernehmen.

Wie wichtig Klänge für Alzheimerpatienten und deren Angehörige sind, davon kann Dorothea Muthesius von der deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft ein Lied singen. Gemeinsam mit der Alzheimer Gesellschaft Berlin organisierte sie das Modellprojekt, das durch Stiftungsgelder finanziert werden konnte. Hausbesuche von Musiktherapeuten wurden dadurch auch für jene möglich, die sich das sonst nicht hätten leisten können. Und viele waren überrascht, was eine solche Therapie vermag.

Manche fanden es einfach wunderbar, ihre kranken Angehörigen so glücklich zu sehen. Nachhaltige Stimmungsveränderungen nennt das die Wissenschaft. Anderen Angehörigen fiel auf, dass sich die Orientierung der erkrankten Personen besserte. Gelegentlich erkannten die Demenzkranken sogar ihre Therapeuten.

http://www.rbb-online.de/quivive/archiv/.../alzheimer.html